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Private Führung durch die ART&ANTIQUE Residenz Salzburg mit Paula Marschalek

Unter dem Motto „Musik küsst Kunst“ lud die Kunsthistorikerin und Kulturmanagerin Paula Marschalek gemeinsam mit der ART&ANTIQUE zu einem Parcours durch die vielseitige sowie traditionsreiche Messe, die nach einer Zwangspause endlich wieder in der Residenz Salzburg von 09. – 18.04. 2022 stattfindet. Da Musik in Salzburg allgegenwärtig ist, seien es die Festspiele, Wolfgang Amadeus Mozart oder auch „The Sound of Music“, lag es nahe die Verbindung von Musik und Kunst aufzuzeigen.

Die Tour startete bei der Brenske Gallery München, die sich bei der Präsentation auf die Themengebiete ‚Ikonen, Kunst und Musik‘ fokussiert und diese miteinander verschränkt. Das „Allessehende Auge Gottes“ ist eine Feinmalerei aus dem Russland des 19. Jahrhunderts und geht auf Psalmen zurück, wie beispielsweise Psalm 100, 6: „Meine Augen sehen nach den Treuen im Lande, dass sie bei mir wohnen“. Die Komposition symbolisiert den Kosmos, der von den zentralen Elementen des christlichen Weltverständnisses durchdrungen ist: Im Zentrum erscheint Christus, von dem ein vierzackiger dunkelroter Stern ausgeht. Das Christusmedaillon umgibt ein weiterer hellroter Kreis mit Ausschnitten aus Gesichtsfeldern, hier sind ein Augenpaar, eine Nase und ein Mund zu sehen. In einer weiteren Ebene wird ein dunkelblauer Kreis mit Strahlen eingefasst, der oben das nimbierte Antlitz der Gottesmutter zeigt. Dieses Strahlenrund wird nach außen von sechs Medaillons umfangen. Im oberen dieser Rundbilder erscheint der segnende Gott Zebaoth in weißer Gewandung. Im unteren blauen Medaillon ist ein Seraph zu sehen, und in den beiden äußeren blauen Kreisen rechts ein Cherub und links ein weiterer Seraph. Die vier übrigen Medaillons sind in leuchtendem Rot gehalten und die kleinen Wolken stehen stellvertretend für die vier Evangelisten. Die Ikone ist technisch mit einem Einhaar-Pinsel und der Methode des Eitempera gemalt worden, d.h. die Farbe besteht aus wasserverdünntem Eigelb als Bindemittel und Pigmenten.
Dass, das Universum mit Klängen, Schwingungen und Musik zu tun hat, ist schon lange in der menschlichen Vorstellung verankert. Diese Ideen kursierten schon in der Antike. Schon im hellenistischen Griechenland wurde davon ausgegangen, dass die Menschen die Klänge des Weltalls nicht hören, weil sie ihnen schon immer ausgesetzt sind.

Weiter ging es zum Kunsthandel Giese & Schweiger, der österreichische Malerei des 19. und 20. Jahrhunderts zeigt, genauso wie bedeutende Positionen der Kunst nach 1945. Die farbenstarke und expressionistische „Fury“ von Hans Boehler (1884-1961) stand bei der Tour im Fokus. Musik hatte für den Maler schon immer einen hohen Stellenwert: In jungen Jahren zog er es auch in Erwägung eine professionelle musikalische Karriere anzustreben, entschied sich dann aber doch für die Kunst. Als er ab 1938 in New York lebte, war die Musik – vor allem der Jazz – für Boehler eine ortsunabhängige „innere Heimat“ (1) und Anlass zur bewussten Auseinandersetzung. Spannend ist auch, dass er in seinen Notizheften unter anderem Namen verschiedener Sängerinnen festhielt. „Fury“ bildet 1948 den Auftakt zur späten Schaffensphase des Künstlers. Die dargestellte Frau ist dünn, groß, wirkt fast fragil, schaut den Betrachtenden aber entschlossen und selbstbewusst an. Die selbstbestimmte Pose könnte man auch in gegenwärtigen Lifestyleheften wiederfinden, so zeitgemäß ist sie. „Fury“ – auf Deutsch „Wut oder Zorn“ – verschmilzt nahezu mit ihrer Umgebung, einem abstrakten Farbraum in knalligen Tönen von pink, über orange und grün, der den Rhythmus des Jazz spüren lässt. Der Duktus des Pinsels unterstreicht diese Stimmung und lässt vermuten, dass der Künstler die Arbeit nicht im stillen Kämmerlein produzierte, sondern zu den Klängen des Jazz wiegte und so in Schwingung gesetzt wurde. Musik ist wahrscheinlich für alle von uns ein wichtiger Katalysator einer Stimmung oder Situation. Boehler insbesondere liebte Jazz und das, wofür dieser stand. So war Jazz ab den 1920er-Jahren ein revolutionäres Phänomen des gesellschaftlichen Wandels und stand für die Freiheit des Individuums sowie in der Kunst für Emanzipation.

Spezialisiert auf Kunst und Design des 20. Jahrhunderts präsentiert Kunsthandel Nikolaus Kolhammer Objekte des Wiener Designs und der Bildenden Kunst mit Schwerpunkten auf Jugendstil-Glas von Johann Loetz-Witwe, ausgesuchten Kunstgewerbe der Wiener Werkstätte und Designobjekten der Werkstätte Hagenauer Wien. Im Rahmen der Führung wurde die Treibarbeit „Poesie und Stärke“ von Georg Klimt vor den Vorhang geholt.
Georg Klimt war ein österreichischer Kunsthandwerker, der von 1889 bis 1896 die Wiener Kunstgewerbeschule besuchte und sich dort in Ziselierkunst und Bildhauerei ausbilden ließ. Auf der linken Seite ist die „Poesie“ zu sehen mit dem Attribut der Lyra. Die Lyra galt im griechischen Mythos als Erfindung des Hermes. Im Hellenismus war sie als Symbol der Dichter und Denker bekannt, woraus sich später der Begriff Lyrik entwickelte. Hier zeigt sich also vielleicht eine Verbindung von Musik (in Form des Instruments) und anderem künstlerischen Schaffen (poeisis), die allegorisch mit Mitteln bildender Kunst Darstellung findet. Auf der rechten Seite ist die „gerüstete Stärke“ zu sehen. Im Hintergrund sieht man, typisch für Klimt, eine illustrierte Dynamik, in der man mit ein wenig Fantasie Notenschlüsseln oder Töne erahnen kann. Motivische Vorlage für die Lyraspielerin und den Ritter sind wohl Gustav Klimts (Bruder von Geog Klimt) allegorische Gestalten der Poesie und der wohlgerüsteten Stärke am Beethovenfries in der Wiener Secession, selbst ein dem Komponisten ‚gewidmetes‘ Werk.
Beide Arbeiten sind aus Kupfer, das mit Sticheln getrieben und fein ziseliert wurde, d.h. die Werke wurden von der Rückseite erstellt und bearbeitet. Das Motiv musste somit von Anfang an klar sein und konnte später auch nicht mehr verändert werden.

BeiUlf Englich (Inh. Franz Wagner)funkelte das Armband aus dem Besitz der bulgarisch-österreichischen Opernsängerin und Schauspielerin Ljuba Welitsch besonders schön, die trotz ihrer relativ kurzen Karriere zu einer der bedeutendsten Sängerinnen des 20. Jahrhunderts zählt.
Sie studierte in Sofia Gesang und debütierte 1934 ebenda. Anschließend nahm sie in Wien Unterricht bei Theo Lierhammer, 1936 wurde sie am Grazer Stadttheater engagiert, wo sie als Nedda (Bajazzo) debütierte und die Musette (La Bohème, Puccini) interpretierte. Dann folgt ein Engagement in Hamburg (1940-43) und weitere Stationen in Dresden und Berlin. 1945 kehrte sie nach Wien zurück. Dort sang sie zunächst an der Volksoper und wurde ab 1946 Mitglied der Staatsoper. 1946-50 wirkt sie bei den Salzburger Festspielen mit als Donna Anna in „Don Giovanni“ und gastierte regelmäßig am Covent Garden in London. Ein großer Erfolg wurde dort die Salome in einer sagenhaften Produktion von Peter Brook und Salvator Dali. Ljuba Weltisch blieb vor allem die bedeutendste Interpretin der Salome, die sie 1944 in Wien, unter der Leitung von Richard Strauss sang. Diese galt als ihre Paraderolle, so wurde ihr nachgesagt: „Sie sang nicht die Salome, sie war Salome.“

Mit Andy Warhol und Mick Jagger präsentiert die Galerie Haas & Gschwandtner gleich zwei Superstars. Der Big Name der Pop-Art rückte die Ikone der Rockmusik ins Bild. Die zehnteilige Serie, mit einer Auflage von jeweils 250 Exemplaren, ist sowohl von Warhol als auch Jagger original signiert, was ziemlich selten vorkommt und bei den Arbeiten auf jeden Fall hervorsticht. Warhol schoss 1975 in seiner Sommerresidenz in Montauk mit der Polaroid Kamera (Big Shot) über 50 Aufnahmen vom Frontmann der Rolling Stones. Die Band residierte dort eingemietet, um für die Amerikatournee im selben Jahr zu proben. Alle Polaroids, die er für die Siebdruckserie verwendete, zeigen die berühmte androgyne Statur des Sängers mit nacktem Oberkörper, Schmollmund und teilweise lasziv zurückgeworfenem Kopf. Mit diesen versuchte er Mythos des Sängers einzufangen. Auf den ersten Blick wirken die Aufnahmen spontan und authentisch auf den zweiten Blick geplant und konstruiert.

Dorothea Apovnik Kunsthandel Fine Art aus Wien setzt den Schwerpunkt auf Gemälde vom 14. bis zum 19. Jahrhundert und zeigt im Rahmen der Führung eine Darstellung einer „Commedia dell’arte“ Aufführung. Die Commedia dell’arte ist ein italienisches Musiktheater des 16. und 17. Jahrhunderts. Ausgehend von vereinbarten Szenarien improvisierten die Darsteller die Dialoge und schmückten sie mit einem Repertoire an Einlagen wie Akrobatik, Tanz, Pantomime, Wortwitzen und Musik aus. Die Themen dieser Komödien entsprechen den üblichen Triebfokussierungen wie Liebe, Sexualität, Macht, Geld, Essen, Trinken, dementsprechend gibt es eine breite Palette von Affekten, mal launig und kokett, mal melancholisch, mal derb und frivol. Die (Karnevals-)Darstellung, speziell in der Gattung des früheren Theaters mit Figuren und Masken, gehen zurück auf Leonardo. Er war einer der ersten, der diese grotesken Figuren in der Kunst einführte. Von wenigen italienischen Künstlern wurde das übernommen, wie etwa von Caracci. Interessanterweise sind die Noten auf der Darstellung lesbar, der Text ergibt einen Sinn. Der damalige Auftraggeber wusste auch bestimmt welche Cantaten auf dem Gemälde zu finden sind. Heute kann man es aber nicht rekonstruieren, welche Lieder das sind.

Geschlossen wurde die Führung bei der Galerie Francaise Gérard Schneider, die u.a. Siebdrucke von Pablo Picasso zeigt. Pablo Picasso war ein spanischer Maler, Grafiker sowie Bildhauer und gilt als einer der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts. Seine überbordende Produktivität brachte ein Gesamtwerk von mehr als 15.000 Gemälden, 3.200 Keramiken, 7.000 Zeichnungen, 1.200 Skulpturen und 20.000 Druckgrafiken hervor. Picasso thematisierte in seinem Werk kontinuierlich Musikinstrumente, Musiker und nicht zuletzt den Tanz und das Theater selbst. So bilden die Farbpochoirs bestehend aus 10 Blättern, die im Ganzen auf der ART & ANTIQUE präsentiert werden und aus der Privatsammlung Ramié stammen (dem Ehepaar, das gemeinsam mit Picasso die Keramiken entwarf), Theaterentwürfe ab und bringen Theatralisches in die Stillleben ein.

Über Paula Marschalek: Paula Marschalek, BA MAS ist eine österreichische Kunsthistorikerin und Kulturmanagerin. Sie studierte Kunstgeschichte an der Universität Wien und setzte ihre Ausbildung an der Universität für angewandte Kunst fort, wo sie ihren Master in Kunst- und Kulturmanagement abschloss. Sie arbeitete in renommierten Kulturinstitutionen wie dem Dorotheum, dem Kunsthistorischen Museum und MAK, sammelte Erfahrungen am Kunstmarkt als Kommunikationsmanagerin bei einer jungen Galerie und absolvierte von September 2019 bis März 2020 ein Kulturmanagement-Stipendium im MAK Center in Los Angeles, USA. Sie schreibt Texte für Kunstmagazine und tritt als Moderatorin/ Speakerin auf. Mit Marschalek Art Management (www.marschalek.art) entwickelt sie individuell zugeschnittene Kommunikationsstrategien für Kunst- und Kulturschaffende.

1 www.gieseundschweiger.at/de/hans-boehler-am-puls-des-jazz

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