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Aus Prinzip nachhaltig

von Olga Kronsteiner, erschienen in „Art & Time“ (1/2023), Magazin des Bundesgremiums des Juwelen-, Uhren-, Kunst-, Antiquitäten- & Briefmarkenhandels

Nachhaltigkeit ist im Kunsthandel Teil des Geschäftsmodells. Das Bewusstsein für Klimaschutz wächst zwar, hat aber noch Potenzial. Ein Überblick über erste Akzente.

Das Bewusstsein für Klimaschutz wächst auch in der Kunstbranche. Sei es bei Museen, die sich mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen und Umweltzertifizierungen anpeilen, oder auf dem Kunstmarkt, wie Initiativen zeigen, die sich zuletzt international formierten. Den Anfang machten hierbei 14 Londoner Galeristen im Jahr 2020 mit ihrer „Gallery Climate Coalition“, der sich zahlreiche Kollegen und Institutionen aus Europa, den USA und Asien anschlossen. Das Ziel der aktuell rund 900 Mitglieder: Den durch Geschäftsreisen, Versand oder Lagerung verursachten CO2-Fußabdruck bis 2030 um zumindest 50 Prozent zu reduzieren sowie den Abfall durch Recycling auf nahezu null zu bringen.

Mit dem CO2-Rechner zur Bilanz
Auf ihren Websiten findet sich neben bewährten Praxisbeispielen auch ein CO2-Rechner, mit dem die Galerien ihre Emissionen berechnen können. Die Veröffentlichung einer jährlichen Klimabilanz könnte – von der Vorbildwirkung abgesehen – schon bald neue Maßstäbe in der Kunstbranche setzen.
Auch wenn es (noch) keine gesetzlichen Vorgaben gibt, gewinnen gewisse Umweltaspekte an Bedeutung, die den Kunstbetrieb mehr als andere Branchen betreffen. Konkret gerät der an Emissionen intensive Transport von Kunstwerken zunehmend in den Fokus.
In diesem Bereich kam es auch aufgrund des drastischen Anstiegs der Ölpreise und damit verbundener Teuerungen bereits zu Veränderungen. So wurden beispielsweise Sammeltransporte im Umfeld von Messeveranstaltungen organisiert, samt Optimierung der Streckenplanung, um Kilometer einzusparen. Auf internationalen Strecken verlagerte sich die Beförderung verstärkt auf den emmisionsärmeren Seeweg. Und sollten sich Lufttransporte nicht vermeiden lassen, so werden zunehmend solche Flotten in Anspruch genommen, die den neuesten Abgasnormen entsprechen.

Hologramm-Technologie
Ein Faktor, der auch in der Auktionsbranche berücksichtigt wird. Beispielsweise bei Christie’s, wo man sich das Ziel setzte, bis 2030 klimaneutral zu sein. Erste Maßnahmen zeigen bereits Wirkung: 2022 konnte man die Emissionen seit der Zeit vor der Pandemie (2019) um 37 Prozent verringern. Allein im Versandbereich lag die Reduktion bei 55 Prozent, wozu vor allem auch die Priorisierung von weniger kohlenstoffintensiver Seefracht beitrug.

Zeitgleich reduzierte man die „Rundreisen“ von Kunstwerken, die vor ihrer Versteigerung zu Präsentationen nach Europa, durch die USA und bis nach Asien tourten. Für einiges Aufsehen sorgte vergangenes Jahr der futuristisch wirkende Einsatz von Hologramm-Technologie. In Zusammenarbeit mit einem Unternehmen aus Los Angeles schickte das Auktionshaus die 40 Millionen Euro teure Skulptur von Edgar Degas über die Cloud zur Voransicht etwa nach Hongkong, wo die holografische Reproduktion der Balletttänzerin in einer eigens konzipierten Vitrine sodann bewundert werden konnte.
Ein weiterer Punkt sind Drucksorten, die Christie’s seit 2019 bereits deutlich reduzierte. Verwendet werden mittlerweile nur noch vollständig recyceltes Papier, Tinte auf pflanzlicher Basis und biologisch abbaubare Laminate. Gedruckt wird zudem in unmittelbarer Nähe zu den jeweiligen Märkten, um die Emissionen im Verteilerverkehr zu reduzieren.
Angesichts der erheblich gestiegenen Papierpreise würde man annehmen, dass die Produktion von Drucksorten in der Branche nachlassen würde. Tatsächlich ist das, auch im Umfeld von Kunstmessen, derzeit kaum der Fall, obwohl es digitale Alternativen gäbe: QR-Codes ermöglichen den Abruf von Detailinfos auf Aussteller-Websites und können klassische Eintrittskarten ersetzen.

Schonung von Ressourcen
Bei Einsparungen und Schonung von Ressourcen mehren sich vereinzelt bereits Aktivitäten. Etwa durch den Einsatz von langlebigen, stromsparenden LED-Strahlern für die Beleuchtung in Museen oder auch bei Kunstmessen. Veranstalter MAC Hoffmann (u.a. Art & Antique) ging bereits einen weiteren Schritt: Gemeinsam mit Museom, einem neuen Partner im Stand- und Ausstellungsbau, wurde ein neues System für Messestände entwickelt. Hier ersetzten gestrichene Wände die bisher übliche Stoffbespannung, eine Maßnahme, „mit der man jährlich Stofftapeten von der Größe eines Fußballfeldes für drei Messen einspart,“ wie Alexandra Hoffmann betont.
Vielfach wird Potenzial folglich bereits erkannt und genutzt. Das Prinzip der Nachhaltigkeit ist der Branche keineswegs fremd. Im Gegenteil, denn mit dem Handel von Antiquitäten hat man es schließlich zum Geschäftsmodell erkoren: Ob Porzellan, Beleuchtungskörper oder Mobiliar, es sind Ressourcen, die einer weiteren Nutzung zugeführt werden. Deren Käuferinnen und Käufer agieren damit besonders umweltfreundlich.

Einen Beleg dafür lieferte jüngst eine Studie in England, für die eine historische sowie eine neu produzierte Kommode im Hinblick auf Treibhausgas-Emissionen von der Herstellung über die Nutzung bis zur Entsorgung untersucht wurde. Berücksichtigt wurden dabei auch die verarbeiteten Materialien, Lieferwege, Lagerung und – im Falle des Möbels aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts – auch Restaurierungen.
Das Ergebnis war eindeutig: Eine neue Kommode kam auf einen CO2-Ausstoß von 11,36 kg pro Jahr, die Antiquität hingegen nur auf 0,72 kg pro Jahr, womit die Auswirkungen auf die Erderwärmung um das 16-fache geringer ausfällt als bei einem neuen Möbelstück.

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